Zeitenwende fürs Depot
Mittwoch, 22.02.2023

Zeitenwende fürs Depot

4 Gründe, die Geldanlage neu auszurichten

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Dank des Internets war es in den letzten Jahrzehnten egal, ob der Geschäftspartner in Pinneberg oder Peking saß: Der Welthandel boomte. Die Globalisierung schien wie ein in Stein gemeißeltes Wirtschaftsprinzip. Dann kam Covid-19: In kürzester Zeit wurden pandemiebedingt wichtige Lieferketten unterbrochen. Dem Welthandel wurde gezeigt, wie anfällig globale Geschäftsbeziehungen sein können. Mit dem Krieg in der Ukraine ist die Globalisierung nun endgültig ins Wanken geraten: Aus Geschäftspartnern wurden Rivalen.

Die Weltstaaten scheinen sich seither noch schneller in zwei Interessensgemeinschaften zu teilen. Das wurde bei der UN-Vollversammlung im März 2022 klar: 141 Staaten forderten den sofortigen Abzug Russlands aus der Ukraine, 35 Länder enthielten sich, fünf lehnten den Beschluss ab und beteiligen sich auch nicht an Sanktionen. Zu den Ländern, die sich enthalten haben, gehören die bevölkerungsstarken Nationen Indien und China. Für China ist der Konflikt eine weitere Gelegenheit, den USA die globale Vormachtstellung streitig zu machen. Kurzum: Mit dem Krieg in der Ukraine scheint sich die Welt endgültig neu zu ordnen. Die Zeiten der Globalisierung sind vorbei – die Ära des Großmachtwettbewerbs zwischen den USA und China beginnt. Dieses neue Regime, das die Experten von Union Investment „Great Transformation“ nennen, beeinflusst auch die Kapitalmärkte.

In diesem Artikel werden die Faktoren zusammengefasst, die die Weltwirtschaft in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen dürften. Es wird aufgezeigt, dass Anlagekonzepte von gestern nicht mehr passen: Die politischen Ereignisse läuten eine Zeitenwende für das Depot ein.

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Sicherung der Lieferketten

In einer Welt, in der die Überlegenheit der USA nicht infrage gestellt wurde und China eher als verlängerte Werkbank des Westens diente, konzentrierten sich die Unternehmen in erster Linie auf die Lieferketten-Effizienz. Dass lange Lieferketten aber strategisch abhängig machen und somit zum wirtschaftlichen oder gar existenziellen Risiko werden können, wurde in Kauf genommen: Die Produktion war günstig, die Gewinne entsprechend hoch. Doch mit den Lockdowns zur Pandemiebekämpfung in China wurde offensichtlich, dass die Wirtschaft im Westen zu abhängig von der Zuarbeit aus der Ferne war. Die Konsequenzen von Covid-19 erschütterten die europäische Wirtschaft regelrecht: Unternehmen mussten lange auf Teile aus China warten, die Weiterproduktion stockte, diverse Produkte wurden zur Mangelware, die Preise stiegen, die Wirtschaft sackte ab. Seit dem Ukraine-Krieg, in dem die Abhängigkeiten (Stichwort: Gas) noch stärker wurden, ist nun endgültig klar, dass sich die globalen Geschäftsbeziehungen ändern müssen.

Mit dieser bitteren Erkenntnis stehen jetzt die Sicherheitsinteressen der einzelnen Staaten an erster Stelle sowie der Aufbau neuer Lieferketten, die weniger angreifbar sind. Vor allem angesichts Chinas Haltung, Taiwan als chinesisches Territorium zu betrachten und es wieder angliedern zu wollen, wird das deutlich: Taiwan stellt 64 Prozent aller Chips und 90 Prozent der Hochleistungschips her, die weltweit genutzt werden. Und damit ist Taiwan systemrelevant für die gesamte Erde. Ein Ausfall oder eine Reduktion der Produktion hätte verheerende Folgen für die Weltwirtschaft. Deshalb arbeitet die US-Regierung bereits intensiv daran, autonomer zu werden. Vor allem sollen die Lieferketten für Zukunftstechnologien wie Mikrochips, Batterien und kritische Mineralien in das eigene Land oder aber in Länder, die mit den USA befreundet sind, zurückgeführt werden. Die staatlichen Investitionsanreize der USA in Höhe von rund 1.300 Milliarden US-Dollar sollen die eigene Wettbewerbsfähigkeit stärken, den grünen sowie den digitalen Wandel beschleunigen und nicht zuletzt die wirtschaftliche Unabhängigkeit fördern. Diese Maßnahme zeigt bereits Wirkung: In den vergangenen 12 Monaten haben alle großen Chip- und Batteriehersteller Projekte in den USA in Milliardenhöhe angekündigt. Und die Europäische Union beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema.

1. Fazit für Anleger: Mehr Wachstum

1. Fazit für Anleger: Mehr Wachstum

Die Umstrukturierung der Lieferketten wird einen Investitionsboom auslösen und das Wirtschaftswachstum langfristig erhöhen. Zunächst werden vor allem die USA von dem Boom profitieren. In Europa haben derweil noch Investitionen in die Energiesicherheit Priorität. Diesseits des Atlantiks werden die positiven Auswirkungen des grünen und digitalen Wandels deshalb allenfalls zeitverzögert spürbar. Das Umfeld mit mehr Wachstum, strukturell höherer Inflation und höheren Zinsen führt an der Börse dazu, dass Wachstumsaktien relativ gesehen an Attraktivität verlieren – Wachstum ist wieder reichlicher vorhanden, eine Prämie für entsprechende Aktien nicht mehr gerechtfertigt. Substanzaktien hingegen profitieren von dem Wachstumsschub, sind aber noch günstiger bewertet als Wachstumsaktien.

Investmentboom löst Preissteigerungen aus

Die vielen Investitionen werden zu einer starken Nachfrage nach bestimmten Produkten führen. Die Produktion kann möglicherweise nicht immer so schnell nachkommen. Die Folge sind Preissteigerungen. Dazu kommt eine sogenannte künstliche Angebotsverknappung, da bisherige Produktlieferanten – wie China – aus den Lieferketten zunehmend ausgeschlossen werden sollen. Auch die weniger effizienten Lieferketten, die nicht mehr nach Kosten, sondern vermehrt nach Sicherheitsaspekten ausgewählt werden, werden die Preise – beispielsweise durch Lagerhaltung oder höhere Personalkosten – nach oben schrauben. Die Rückverlagerung der Produktion in das eigene Land wirkt sich aber nicht nur auf die Menge und Preise der Güter aus, sondern auch auf den Arbeitsmarkt. Der ohnehin angespannte Arbeitsmarkt mit seinem Fachkräftemangel – schon heute klagt jedes zweite deutsche Unternehmen über Personalengpässe – wird mit einem noch größeren Bedarf an Arbeitskräften konfrontiert. Die Konsequenz: Lohnerhöhungen, da auch hier das Zusammenspiel von Nachfrage und Angebot den Preis bestimmt. Und steigende Löhne fördern wiederum die Inflation. Ein Beispiel, um eine Vorstellung von den Auswirkungen des Arbeitskräftemangels zu bekommen: Da es in den USA derzeit zu wenig Lastwagenfahrer gibt, wird mit enormen Einstiegsgehältern von bis zu 100.000 Dollar im Jahr geworben. Nicht zuletzt werden die immer knapper werdenden Rohstoffe sich ebenso auf die Inflation auswirken. Denn auch hier gilt: Umso knapper – desto teurer.

2. Fazit für Anleger: Inflation bleibt

2. Fazit für Anleger: Inflation bleibt

Die Knappheit an Gütern, Personal und Rohstoffen wird zu höheren Preisen und zu einer höheren Inflation führen. Aktien – etwa aus dem Bereich Infrastruktur – könnten im Anlagemix interessant sein, da sie einen gewissen Inflationsschutz bieten. Denn die Einnahmen aus Infrastrukturprojekten sind oft an die Teuerung gebunden.

Es wird mehr Kapital nachgefragt

Wer investiert, braucht Kapital. Die steigende Kapitalnachfrage wird den Preis für geliehenes Geld erhöhen. Das heißt: Der Zinssatz wird also weiter steigen. Ein zusätzlicher Zinstreiber wird die Inflation sein, denn Preissteigerungen versuchen die Notenbanken in der Regel mit Zinserhöhungen zu begegnen. So war es gerade kürzlich wieder: Im Kampf gegen die Inflation hat die Europäische Zentralbank (EZB) am 2. Februar 2023 den Leitzins erneut um 0,5 Punkte auf nun 3 Prozent erhöht. Durch Zinserhöhungen soll die Nachfrage und damit die Teuerung reduziert werden. Erste Anzeichen für diesen Effekt zeigen sich in der Immobilienbranche: Wegen steigender Zinsen ist das bisher große Interesse an Baufinanzierungen im Vergleich zum März 2022 bis Anfang 2023 um 60 Prozent gesunken. Und aufgrund teurer Baumaterialien, die wiederum die Gesamtkosten eines Neubaus und damit unter Umständen die Kreditsumme erhöhen, wurden viele Bauvorhaben gestoppt. So verteuerte sich beispielsweise Flachglas, das für Fenster und Türen gebraucht wird, 2022 um fast 50 Prozent zum Vorjahr.

3. Fazit für Anleger: Höhere Zinsen

3. Fazit für Anleger: Höhere Zinsen

Kredite werden noch teurer, da die Banken die erhöhten Leitzinsen an ihre Kunden weitergeben. Durch höhere Zinsen werden aber auch die Rentenmärkte wieder interessanter. Hier sind inflationsindexierte Anleihen zu erwähnen, die Schutz vor übermäßig hoher Inflation bieten. Diese Anleihen sind komplexe Anlageprodukte, bei denen die Zinsen nicht fix sind, sondern an die Inflationsraten angepasst werden.

Mehr Bewegung an den Finanzmärkten

Mit der „Great Transformation" wird voraussichtlich der konventionelle Konjunkturzyklus zurückkehren: Wachstumsphasen werden zukünftig häufiger durch klassische Wirtschaftsabschwünge unterbrochen werden. Boomphasen werden schneller zu Lohn- und Preisdruck führen, die Notenbanken werden regelmäßig eingreifen. Insgesamt wird es in der Weltwirtschaft turbulenter zugehen: Wachstum, Inflation, Zinsen – alle drei Faktoren werden sich voraussichtlich in kürzeren Abständen auf und ab bewegen. Dazu kommen Geopolitik und globaler Wettbewerb, zwei Unsicherheitsfaktoren, die ebenfalls zu mehr Wertschwankungen (Volatilität) führen dürften.

4. Fazit für Anleger: Mehr Volatilität

4. Fazit für Anleger: Mehr Volatilität

Investoren können sich neben mehr Wirtschaftswachstum, höherer Inflation und steigenden Zinsen auch auf mehr Volatilität einstellen. Um auf alle Marktreaktionen vorbereitet zu sein, ist eine noch breitere Streuung im Depot sinnvoll.

Wie können Anleger reagieren?

Keine Frage: Die „Great Transformation“ ist eine Herausforderung für Anleger. Aber mit dem passenden Anlagemix kann das Depot auf die oben beschriebenen Veränderungen an den Kapitalmärkten vorbereitet werden. Union Investment empfiehlt hier die Multi-Manager-Methode für die Depotmischung. Das bedeutet: Anstatt nur in verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien zu investieren, sollten auch unterschiedliche – voneinander völlig unabhängige – Anlagestrategien verfolgt werden. Dadurch werden Risiken breiter gestreut, neue Ertragsquellen erschlossen und das Depot ist in Krisenzeiten stabiler aufgestellt. Das ist komplex: Union Investment hat ein Team von Experten, das die Strategien in Investmentfonds kombiniert. Die Berater der genossenschaftlichen Banken unterstützen Privatanleger gerne bei der Anpassung ihrer Anlagen an die neue Ära.

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