Kapitalmarkt 2023
Montag, 28.11.2022

Kapitalmarkt 2023

Geduld und eine kluge Wertpapierauswahl sind gefragt

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Krieg in der Ukraine, Energieknappheit, zweistellige Inflationsraten, Zinserhöhungen, anhaltende Lieferkettenprobleme und eine drohende Rezession: Das Jahr 2022 hatte eine schlechte Nachricht nach der anderen zu vermelden, die zeitgleich auf den Kapitalmarkt eingeprasselt sind. Für Anleger war es ein extrem herausforderndes Börsenjahr. Die gute Nachricht: Nach den starken Kursverlusten in den letzten Monaten dürften sich die Märkte im zweiten Halbjahr 2023 erholen, sobald mehr Klarheit bei den Themen Inflation, Wachstum und Geldpolitik herrscht. Daher sind die Kapitalmarktstrategen von Union Investment verhalten optimistisch gestimmt. Der Jahresstart wird noch herausfordernd, insgesamt wird 2023 aber voraussichtlich ein besseres Jahr für chancenorientierte Anlagen.

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Inflation sinkt, bleibt aber hoch

Die Inflation zählt aktuell zu den größten Belastungen. Die Kernfrage für 2023 lautet also: Wie lange wird sich die hohe Teuerungsrate halten? Daran gekoppelt ist die Frage, wie die Notenbanken reagieren werden. Diese haben in erster Linie dafür zu sorgen, dass die Preise stabil bleiben. Das Mittel der Wahl sind Zinserhöhungen, um die Nachfrage zu senken und so die Inflation zu bekämpfen. Bei dieser Maßnahme muss aber in Kauf genommen werden, dass sie das Wirtschaftswachstum ausbremsen kann: Kredite werden teurer und hohe Ausgaben gestrichen oder verschoben.

Wie wird sich die Inflation 2023 voraussichtlich entwickeln? Die sich verlangsamende Wirtschaft, der Bremseffekt durch die Zinserhöhungen und die gesunkenen Preise für Vor- und Zwischenprodukte aufgrund stabilerer Lieferketten sprechen dafür, dass die Inflationsraten in den nächsten Monaten wieder sinken. Das gilt in erster Linie für die USA. In Europa spielt vor allem das Thema Energiepreise eine entscheidende Rolle. Bereits Ende 2022 war hier eine erste Entspannung erkennbar: Der Ölpreis beispielsweise hat sich seit seinem höchsten Stand im März 2022 bis Ende Oktober um rund 26 Prozent verbilligt. Die Erdgaspreise sanken zunächst ebenfalls. Zuletzt stiegen sie wieder leicht an und befinden sich aktuell auf einem deutlich erhöhten Niveau. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die Lage am Energiemarkt weiter entspannen wird. Die Rohstoffpreise dürften sich auf einem neuen Niveau einpendeln, das allerdings höher sein wird als früher. Das wird sich positiv auf den Preisdruck in Deutschland und Europa auswirken, doch die Inflation wird höher bleiben. Die Inflationsrate 2023 dürfte im Euroraum sowie in Deutschland 6,4 Prozent betragen. Die Teuerung lag seit 2000 dagegen nur zwischen 0,3 Prozent (2009) und 3,1 Prozent (2021). Das heißt, dass voraussichtlich auch die EZB ihre Zinsanhebungen im kommenden Jahr beenden wird.

Rezession ist unvermeidbar

Wegen der genannten Belastungsfaktoren wird sich eine Rezession in den westlichen Ländern kaum vermeiden lassen. Aber der Abschwung wird voraussichtlich verhältnismäßig mild ausfallen und ab 2024 ist eine Erholung der Konjunktur in Sicht. Die deutsche Wirtschaft ist zunächst aber gleich mehrfach negativ betroffen: Die hohen Energiekosten belasten die Unternehmen im produzierenden Gewerbe und die Verbraucher werden sich angesichts der hohen Inflation und der wachsenden Arbeitsplatzunsicherheit mit ihrem Konsum zurückhalten. Auch vom Export ist in nächster Zeit nicht allzu viel zu erwarten, da die großen Handelspartner USA und China – Letzteres aufgrund der Null-Covid-Strategie – nur schwach wachsen. Daher rechnet Union Investment für das Jahr 2023 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,4 Prozent in Deutschland.

Eine schwere Rezession ist nicht zu erwarten, da die Politik in vielen Ländern gegensteuert. Das dämpft den wirtschaftlichen Abschwung. In Deutschland geschieht das durch staatliche Förderpakete wie beispielsweise das als „Doppel-Wumms“ bekannte Entlastungspaket für Verbraucher und Unternehmen, inklusive Gas- und Strompreisbremse. Hinzu kommen längerfristig angelegte Investitionen wie die 200 Milliarden Euro, die bis 2026 in den Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft fließen sollen. Diese Maßnahmen dürften die Konjunktur in den kommenden Jahren unterstützen.

Auslöser der Rezession in USA und Europa

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Die Rezessionen der westlichen Länder haben unterschiedliche Auslöser: In den USA beispielsweise ist der Rückgang „hausgemacht“ und die Folge von schnellen Zinserhöhungen. Das Ziel war, die Inflation zeitnah in den Griff zu bekommen. Mit Erfolg: Die Preise gehen langsam wieder zurück – allein von Juni bis Oktober 2022 sank die Inflationsrate von 9,1 Prozent auf 7,7 Prozent – und das BIP ist im 3. Quartal 2022 um 2,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Europa hingegen ist in Bezug auf die Energieversorgung nicht so autark wie die USA und muss Energie teuer zukaufen. Daher ist die Rezession hier eher das Ergebnis aus Energiekrise plus Inflation. Die Volkswirte von Union Investment rechnen damit, dass die westlichen Volkswirtschaften 2023 insgesamt schrumpfen werden, wobei die USA geringere Einbußen (minus 0,2 Prozent) verkraften muss als Europa (minus 1 Prozent).

Anleihen bieten wieder Chancen

Durch die Zinserhöhungen dürften für Anleger ausgewählte Rentenanlagen (Anleihen) wieder attraktiver werden, vor allem Unternehmensanleihen. Aber Achtung: Hier ist eine sorgfältige Titelauswahl wichtig, insbesondere bei hochverzinslichen Papieren. Denn je höher die Zinsen sind, die ein Unternehmen für seine Anleihen zahlt, desto schlechter ist in der Regel dessen Kreditwürdigkeit und desto höher das Risiko – bis hin zum Totalverlust. Leiht ein Investor einem Unternehmen Geld, bekommt er dafür jährlich Zinsen und erhält am Ende der Laufzeit den kompletten Betrag zurück. Anders ist es, wenn das Unternehmen insolvent wird. Dann ist das Wertpapier wertlos und der Anleger geht leer aus. Ob ein Unternehmen vertrauenswürdig und finanzstark ist, zeigen die Rating-Klassifizierungen. Der Ratingcode AAA (sprich: Triple A) beispielsweise zeichnet Emittenten mit höchster Bonität (Kreditwürdigkeit) und geringer Ausfallwahrscheinlichkeit aus.

Aktien stehen vor leichter Erholung

Die Aktienmärkte stehen vor einer leichten Erholung. Die Besserung wird sich vermutlich aber erst in der zweiten Jahreshälfte zeigen. Wie bei Unternehmensanleihen ist auch bei Aktien auf eine kluge Selektion zu achten. Über viele Jahre hinweg haben Wachstumswerte besser abgeschnitten als der breite Markt. Das ändert sich gerade. Substanz- oder Value-Werte werden wieder attraktiver, vor allem solche aus Industrieländern. Die Wachstumsschwäche im nächsten Jahr wird zwar einerseits auch die Unternehmen treffen und die globalen Gewinne voraussichtlich um rund 10 Prozent schrumpfen lassen. Auf der anderen Seite dürfte der Druck auf die Bewertungen nachlassen, da größere Zinsanstiege nicht mehr zu erwarten sind.

Rohstoffe verlieren an Zugkraft

Rohstoffe, die im ersten Halbjahr 2022 ein Stabilitätsanker im Depot waren, werden 2023 weniger interessant für Anleger sein. Als einen der Gründe nennen die Analysten von Union Investment, dass beispielsweise mit einer Überversorgung bei Rohöl zu rechnen ist und dadurch die Preise zurückgehen dürften. Auch die Wertentwicklung von Gold oder Silber ist im nächsten Jahr angesichts risikoloser Alternativen wie etwa US-Staatsanleihen begrenzt. Industriemetalle hingegen könnten durch den Ausbau der erneuerbaren Energien Fahrt aufnehmen.

Fazit: Geduld und eine gute Titelauswahl sind wichtig

Die Aussicht auf eine nur leichte Rezession und beginnendes Wachstum im Jahr 2024 dürfte im Jahresverlauf 2023 zu einem verhaltenen Konjunktur- und Inflationsoptimismus an den Märkten führen. Anleger brauchen Geduld, doch diese wird sich auszahlen. Mit den erwarteten Verbesserungen bei Konjunktur, Inflation und Geldpolitik wird 2023 der Umschwung kommen. Anleger mit Investmentfonds nehmen an den Entwicklungen des Kapitalmarktes teil. Wichtig ist eine individuell gute Strukturierung des Vermögens – der Berater aus der genossenschaftlichen Finanzgruppe unterstützt dabei.

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