Mittwoch, 20.04.2022
Inflation
Wie entwickelt sich die Teuerungsrate und welche Faktoren beeinflussen sie?
Sei es beim Tanken, an der Kasse im Supermarkt oder beim Lesen der Heizkostenabrechnung – die Verbraucher bekommen es im Alltag zu spüren: Vieles ist bereits teurer geworden. Im Februar lag die Inflationsrate bei 5,1 Prozent. Im März kletterten die Preiserhöhungen für Waren und Dienstleistungen sogar auf 7,3 Prozent. Die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs in der Ukraine wirken sich auf die vom Statistischen Bundesamt ermittelte Inflationsrate aus.
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Energiepreise als Inflationstreiber
Im März kostete Benzin 22,9 Prozent mehr als im Vormonat. Erdgas verteuerte sich um 4,7 Prozent, Heizöl um 69,7 Prozent und Strom um 4,2 Prozent. Für frisches Gemüse gab es einen Aufschlag zum Vorjahresmonat von 14,8 Prozent, Kaffee wurde um 8,9 Prozent teurer und für Speisefette und -öle mussten die Verbraucher 17,2 Prozent mehr zahlen als noch vor einem Jahr. Erheblich teurer wurden mit plus 23,9 Prozent auch Gebrauchtwagen. Insgesamt stiegen die Preise für Verbrauchsgüter um 16,7 Prozent und Gebrauchsgüter um 4,3 Prozent. Ohne den Preissprung im Energiebereich hätte die Inflationsrate bei moderaten 3,6 Prozent gelegen. Die Energie kann daher als Inflationstreiber bezeichnet werden.
Wie kann es plötzlich zu so enormen Steigerungen der Energiepreise kommen? – Beispiel Erdgas
Aufgrund der starken Konjunkturerholung nach dem Pandemiejahr 2020 ist der Verbrauch von Erdgas gestiegen. Außerdem haben viele Länder auf Gas umgestellt, um sich im Rahmen der grünen Energiewende von Kohle und Öl zu lösen. Zeitgleich wurden 2021 die Gaslieferungen vom Hauptlieferanten (Russland) gedrosselt. Das verursachte den ersten Preisdruck auf Erdgas.
Mehr als die Hälfte des Gasbedarfs deckt Deutschland mit russischen Importen. Infolge des Kriegsgeschehens wurden Sanktionen verhängt. Damit wächst auch die Angst vor einer weiteren Reduzierung der Liefermengen. Das macht Energie nicht nur knapp, sondern auch teuer. Anfang März 2022 stieg der Erdgaspreis an der Börse zeitweilig um 60 Prozent. Um die Energieversorgung für deutsche Haushalte und Industrie zu sichern, soll nun Gas eingelagert werden. Große Tankschiffe aus den USA könnten Flüssiggas liefern. Das ist natürlich wesentlich teurer. Aber nicht allein Erdgas verteuert die allgemeinen Energiekosten: Ein möglicher Importstopp für russisches Öl hat auch die Ölpreise vorübergehend auf den höchsten Stand seit 2008 getrieben.
Durch die hochpreisige Energie müssen nun nicht nur Verbraucher für Tanken und Heizen tiefer in die Tasche greifen: Hohe Energiepreise verteuern auch die Herstellung von Waren und Dienstleistungen. Am Ende wird der größte Teil der höheren Produktionskosten bei den Verbrauchern ankommen und dort für steigende Lebenshaltungskosten sorgen.
Einschätzung der Volkswirte von Union Investment zur Inflationsrate
Bisher sind die Experten von einer Inflation in Höhe von 6,2 Prozent für dieses Jahr ausgegangen. Doch durch den Krieg haben sich die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft geändert. Kurzfristig wirkt sich der Konflikt in der Ukraine negativ auf Wachstum und Preisstabilität aus. Die Inflation in Deutschland dürfte 2022 im Jahresdurchschnitt bei 7,4 Prozent liegen – so die Prognosen der Volkswirte von Union Investment. Doch die Anpassungsbewegungen auf staatlicher Eben laufen bereits. Die Unternehmen, allen voran der flexible deutsche Mittelstand, dürften zeitnah nachziehen. Deshalb fällt zwar der vor Kriegsbeginn erwartete deutliche Konjunkturaufschwung aus, mit einer Rezession oder einer anhaltenden Stagflation ist jedoch nicht zu rechnen. Für 2023 erwarten die Experten, dass sich die Teuerungsrate auf 3,2 Prozent reduzieren wird. Das setzt allerdings voraus, dass es vor allem nicht zu einem vollständigen Gasembargo kommt.
Inflation – was ist das?
Das Wort stammt aus dem Lateinischen. Es bedeutet: aufblasen, aufblähen. Kommt es zu einer Inflation, werden die Preise aufgebläht. Waren und Dienstleistungen werden teurer. Für den Alltag bedeutet das, dass der Verbraucher für das gleiche Geld weniger Waren kaufen kann.
Ermittelt wird die Inflationsrate mittels eines erdachten Warenkorbs. In diesem werden jedes Jahr die Waren zusammengestellt, die ein durchschnittlicher Haushalt braucht. Die Kosten (Verbraucherpreisindex) vergleicht man mit denen des Vorjahres. Der Unterschied wird in Prozent umgerechnet und ergibt die Inflationsrate.
Im Detail streiten sich die Experten darüber, wie eine Inflation entstehen kann. Als gesichert gilt, dass Inflation immer etwas mit der Geldmenge und der Umlaufgeschwindigkeit zu tun hat. Im Klartext: Die Geldmacher (Zentralbanken der Länder) und die Geldnutzer (Verbraucher, Unternehmen, der Staat) sind an dem Prozess beteiligt. In der historischen Rückschau haben Rohstoffknappheit, Lohn-Preis-Spiralen oder Überschuldung von Staaten zu Inflationen geführt.
Die Zentralbanken können eine Inflation bekämpfen, indem sie die Geldmenge reduzieren. Das klassische Instrument dafür ist, die Leitzinsen zu erhöhen, um die Kreditnachfrage zu verringern.
Inflation frisst Erspartes auf

Ein Großteil der Anleger lässt ihr Sparguthaben dort, wo es sicher aufgehoben scheint: auf einem Sparkonto oder Tagesgeldkonto. Selbst wenn der Leitzins im Laufe dieses Jahres erhöht wird, bieten Zinsanlagen voraussichtlich auch in den nächsten Jahren nur sehr geringe oder keine realen Renditen. So werden die vermeintlich sicheren Verwahrorte zu regelrechten Geldfressern. Der Grund dafür ist schnell erklärt: Wenn die Zinssätze unter der Inflationsrate liegen, verliert das ersparte Geld real an Wert. Daher ist es wichtig, sich Gedanken über Alternativen für das Ersparte zu machen. Sprechen Sie mit einem Berater aus der genossenschaftlichen Bankengruppe. Er berät Sie gern rund um das Thema Geldanlage.
Beispiel: So wirkt sich die Inflation auf Ihr Geld aus
Angenommen, Sie haben 15.000 Euro. Diese legen Sie für fünf Jahre auf einem Konto zu einem Zinssatz von 0,5 Prozent an. Bei einer Inflationsrate von beispielsweise 5 Prozent würde Ihr Vermögen jährlich 4,5 Prozent an Kaufkraft verlieren. Nach nur einem Jahr müssen Sie demnach mit einem Verlust von 640 Euro rechnen. Nach drei Jahren ist bereits ein Wertverlust von 1.850 Euro zu verbuchen. Nach fünf Jahren können Sie von Ihren 15.000 Euro nur noch Waren oder Dienstleistungen im Wert von rund 12.050 Euro kaufen: Das ergibt einen realen Verlust von fast 20 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Nach zehn Jahren würde die Kaufkraft nur noch 9.680 Euro betragen, ein realer Verlust von 5.320 Euro.
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Schade!
Die Artikel finde ich knackig, sachlich und kurz aber verständlich auf den Punkt gebracht.
ein wirklich intressanter Beitrag.
Ich habe eine egänzende Frage. Zum Ende des letzten Jahres,bzw ich glaube auch noch Anfang 2022 wurde in den Medien auch schon mal von einer zu erwartenden Inflation gesprochen. Zu der Zeit wurde das allerdings von den Experten immer abgetan. Ich kann dazu leider kein Beispiel mehr nennen, habe das aber aus TV-Berichten etc als Aussage ggf. von Wirtschaftsforschungsinstituten etc. so im Hinterkopf. Wie ist es zu erklären, dass eine solche Entwicklung derart falsch (zumal ja auch der Krieg in der Ukraine schon damals zu erwarten war) eingeschätzt wurde, und ist darüberhinaus, vor allem wenn die Öl- und Gaszufuhr aus Russland gänzlich gestoppt werden sollte und egal von welcher Seite ausgehend, nicht sogar mit einer Rezession oder gar Stagflation zu rechnen?
Beste Grüße,
Thomas Bogner
Anfang des Jahres war wegen des Abflachens der Pandemie, sich erholender Lieferketten und einer voraussichtlich steigenden Rohstoffproduktion noch mit einem kräftigen Wachstumsschub in Europa und Deutschland zu rechnen. Die entsprechende Entspannung auf der Angebotsseite hätte zu nachlassendem Preisdruck geführt - so die Erwartung vieler Experten. Der Krieg in der Ukraine und die in der Folge stark gestiegenen Energiepreise haben das Bild verändert. Die Wachstumsaussichten haben sich eingetrübt - vor allem in Europa - und die Teuerung dürfte zunächst auf einem hohen Niveau bleiben. Im Lauf von 2023 sollte die Inflation wieder sinken. Die Volkswirte von Union Investment gehen davon aus, dass der zunächst erwartete Aufschwung ausbleibt, es jedoch nicht zu einer Rezession und anhaltender Stagflation in Europa kommen wird. Voraussetzung dafür ist, dass es zu keinem vollständigen Energieembargo gegenüber Russland oder einem Lieferstopp von Russland kommt. Das betrifft in erster Linie Gas.
Hilft Ihnen das weiter? Das würde uns sehr freuen. Schreiben Sie uns gern, wenn Sie weitere Fragen dazu haben. Viele Grüße aus Frankfurt, Ulrike Herr
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