Mittwoch, 28.09.2022
Die Zinsen steigen
Was Anleger jetzt wissen müssen
Die Inflationsraten in Europa steigen weiter. Daher hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli 2022 das erste Mal seit elf Jahren die Leitzinsen erhöht – und zwar von 0 auf 0,5 Prozent. In der EZB-Sitzung am 8. September folgte eine weitere deutliche Erhöhung des Leitzinses um 0,75 Prozentpunkte auf nunmehr 1,25 Prozent. Die Nullzinspolitik ist zu Ende! In den nächsten beiden Sitzungen bis zum Jahresende dürfte die EZB die Zinsen dann um weitere 75 beziehungsweise 50 Basispunkte anheben – so die Einschätzung unserer Volkswirte.
Aber wie können Zinsen die Inflation beeinflussen? Und welche Folgen haben die Leitzinserhöhungen für Sparer, Kreditnehmer und Wertpapieranleger?
Zinsen und Inflation – ein filigranes Wechselspiel
Der Leitzins ist das Hauptinstrument der Notenbanken, um über die Geldmenge die Nachfrage und so die Teuerung zu beeinflussen. Wenn der Leitzins gering ist, können die Banken günstige Kredite beispielsweise für den Konsum der Verbraucher und die Investitionen von Unternehmen vergeben. Damit ist viel Geld im Umlauf, die Nachfrage wächst, die Preise steigen und die Inflationsrate erhöht sich. Andersherum: Steigen die Zinsen, werden Kredite teurer und weniger häufig vergeben. In der Folge ist weniger Geld im Umlauf, Nachfrage und Inflationsraten sinken. Wenn Kredite teurer sind, investieren Unternehmen beispielsweise weniger in den Bau neuer Produktionsstätten und es werden weniger Arbeitsplätze geschaffen. Auch die Kauflaune der Verbraucher nimmt ab, wenn Sparen wieder attraktiver wird. Die Wirtschaft wächst entsprechend langsamer. Bei einer Überhitzung der Konjunktur oder starkem Preisdruck ist dieser dämpfende Effekt gewünscht. Die Notenbank muss allerdings darauf achten, dass sie die Zinsen nicht zu stark erhöht und sich die Wirtschaft in der Folge rückläufig entwickelt (Rezession).
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Warum die Zinsen angehoben wurden
Die stark gestiegenen Energiepreise sind aktuell der wichtigste Inflationstreiber: Die immer höheren Energiekosten in der Industrie werden über steigende Preise an die Kunden weitergegeben, wobei dieser Effekt in nächster Zeit noch zunehmen wird. Dazu kommt, dass viele Unternehmen seit der Corona-Pandemie noch immer mit Lieferkettenproblemen zu kämpfen haben. Verbraucher und Industrie müssen nicht nur monatelang auf ihre Bestellungen oder Produktionsteile warten, sie zahlen aufgrund der Verknappung auch mehr dafür.

Die Inflation im Euroraum ist laut einer Schnellschätzung des europäischen Statistikamtes Eurostat innerhalb eines Jahres – von August 2021 bis August 2022 – um 9,1 Prozent gestiegen. In Estland liegt die Inflation bereits bei 23,2 Prozent. Auch in Ländern wie Spanien, Belgien oder Griechenland sind die Teuerungsraten zweistellig. Deutschland liegt mit 8,8 Prozent (Stand Ende August 2022) im europäischen Mittelbereich.
Die Entwicklung der Inflation zwang die Europäische Zentralbank, die für die Preisstabilität im Euroraum zuständig ist, zum Handeln. Im Juni noch wurde allgemein davon ausgegangen, dass sie den Leitzins um 0,25 Prozent anheben würde. Aufgrund der rasant steigenden Teuerungsraten entschloss sich die EZB dann aber zu einer Erhöhung des Zinssatzes um 0,5 Prozentpunkte. Im September folgte ein weiterer Schritt um 0,75 Prozentpunkte. Die Zinserhöhung soll bewirken, dass sich die Inflation nicht auf hohem Niveau verankert und wieder in Richtung des Preisziels von nahe zwei Prozent sinkt. Das dürfte allerdings noch eine Weile dauern.
Der die Nachfrage dämpfende Effekt höherer Zinsen hilft auch dabei, einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale entgegenzuwirken: Aufgrund einer weiter steigenden Inflation könnten Arbeitnehmer nämlich höhere Gehälter verlangen, um ihre Kaufkraft zu erhalten. Die gestiegenen Einkommen führen in der Regel wieder zu einer höheren Nachfrage und das zu höheren Preisen, wenn das Angebot nicht im gleichen Tempo ausgeweitet werden kann. Die Spirale beginnt sich zu drehen – Löhne und Preise schaukeln sich immer weiter hoch.
Was ist der Leitzins?
Der Leitzins ist das wichtigste Instrument einer Notenbank, um die Geldpolitik zu steuern. Zu diesem Zinssatz können sich Geschäftsbanken bei ihrer Zentralbank Geld leihen und dieses – mit einem Aufschlag – an Unternehmen und Verbraucher weitergeben. Über die Höhe des Leitzinses in der Eurozone entscheidet das oberste Gremium der Europäischen Zentralbank (EZB), der EZB-Rat. Er analysiert alle zwei Wochen die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung im Euroraum und fasst alle sechs Wochen geldpolitische Beschlüsse, etwa ob die Zinsen angepasst werden sollen. Die Entscheidung wird anschließend auf einer Pressekonferenz verkündet, aktuell von der derzeitigen EZB-Chefin Christine Lagarde. Es ist die wichtigste Aufgabe der EZB, dafür zu sorgen, dass die Preise stabil bleiben. Eine leichte Inflation gilt als wünschenswert, da Unternehmen in Erwartung steigender Preise investieren und Verbraucher konsumieren. Angestrebt wird daher eine moderate Inflation von jährlich 2 Prozent, die durch Anhebung oder Senkung der Zinsen erreicht werden soll. Die EZB muss stets abwägen zwischen der Notwendigkeit, die Zinsen anzuheben und damit eine Inflation zu beruhigen, und der Gefahr, durch eine Zinserhöhung die Wirtschaft auszubremsen.
Kreditnehmer müssen mit höheren Kosten rechnen
Für Kreditnehmer wird es nun teurer. Auch die Kosten für Kontoüberziehungen, sogenannte Dispokredite, werden steigen. Diejenigen allerdings, die bereits vor Juli 2022 einen Kreditvertrag abgeschlossen haben, können sich weiterhin über niedrige Zinsen freuen – bis zum Vertragsende. Falls ein Anschlusskredit fällig wird, muss aber mit erheblich höheren monatlichen Finanzierungsraten gerechnet werden.
Die Bauzinsen sind bereits deutlich gestiegen: Zum Jahresbeginn kostete eine zehnjährige Baufinanzierung durchschnittlich 0,8 Prozent Zinsen, heute müssen über 3 Prozent gezahlt werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel ein Immobilienkredit über 400.000 Euro mit zehnjähriger Laufzeit bei einem Zinssatz von 0,8 Prozent und 2 Prozent Anfangstilgung im Januar 2022 noch 933 Euro monatlich kostete. Im Juni kostete der gleiche Kredit mit 3 Prozent Zinsen monatlich bereits 1.667 Euro. Der Zinssatz für einen Immobilienkredit über 400.000 Euro mit 10 Jahren Zinsbindung und 2 Prozent Tilgung im Jahr beträgt – je nach Anbieter – derzeit zwischen 3,65 und 4,98 Prozent (Stand September 2022).
Inflation frisst Zinsen der Sparer auf
Mit der Erhöhung des Leitzinses werden Banken den Sparern wieder Zinsen für ihr Erspartes geben können. Die ersten Banken haben die Zinsen für Tages- und Festgeld bereits erhöht. Die Negativzinsen gehören seit Juli der Vergangenheit an. Zuvor mussten Banken 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie ihr Geld bei der EZB parkten. Diese Belastung gaben viele Institute an die Privatkunden weiter, die hohe Summen auf ihren Konten liegen hatten, das sogenannte Verwahrentgelt.
Doch lohnt sich für Sparer eine Einlage auf dem Sparbuch, Tages- oder Festgeldkonto nun wieder? Eher noch nicht. Das lässt sich schnell errechnen: Angenommen ein Sparer bekäme 1 Prozent Zinsen auf 10.000 Euro, die er auf einem Sparkonto angelegt hat. Dem gegenüber stünde eine Inflation von zum Beispiel 8 Prozent. Demnach wäre sein Geld – trotz Zinsen – In einem Jahr bereits 7 Prozent weniger wert, also nur noch 9.300 Euro. Das Gesparte wird auf einem Sparkonto nicht mehr, sondern schrumpft weiterhin durch die Inflation.
Was ist mit Investmentfonds?
Anleger, die in aktiv gemanagte Fonds investieren, nutzen die langjährige Erfahrung eines Fondsmanagementteams. Diese Experten analysieren täglich die Aussichten infrage kommender Unternehmen und passen die jeweilige Zusammensetzung der Fonds – soweit es zu den Anlagerichtlinien passt – aktiv an die Situation an. So können sie auf aktuelle Geschehnisse schnell und gezielt reagieren und wenn möglich gegensteuern.
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wir können verstehen, dass Sie sich im Hinblick auf die aktuellen Kapitalmarktentwicklungen konkrete Empfehlungen wünschen. Anlageempfehlungen sollten immer auf die individuelle Situation angepasst sein. Für eine individuelle Beratung und Empfehlungen zu eventuellen Anpassungen in der Vermögensanlage stehen Ihnen die Berater/-innen der Banken der genossenschaftlichen Finanzgruppe gern zur Verfügung.
Viele Grüße
Eva Nokwe
Unsere aktuelle Einschätzungen zu den Kapitalmärkten und Auswirkungen finden Sie unter dem Beitrag von Herrn Nolte. Sie kann helfen, die für Sie richtige Entscheidung zu treffen. Natürlich steht Ihnen zusätzlich auch unser Kundenservice unter der Rufnummer 069 58 998 6000 für weitergehende Fragen dazu sehr gern zur Verfügung.
Eine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen können wir Ihnen als Fondsanlagegesellschaft jedoch leider nicht geben. Das ist uns rechtlich nicht gestattet.
Die Auswahl der geeigneten Anlageform ist von vielen Aspekten, wie zum Beispiel Ihrer Risikobereitschaft, der vorgesehenen Laufzeit aber auch der individuellen Vermögensstruktur abhängig. Im Rahmen einer individuellen Beratung können alle diese Aspekte beleuchtet, aktuelle Kapitalmarktprognosen von Experten und die passende Anlageform herausgearbeitet werden. Wir empfehlen Ihnen deshalb ein Beratungsgespräch mit Ihrem Berater/Ihrer Beraterin Ihrer Bank der genossenschaftlichen Finanzgruppe.
Einen schönen Abend wünscht Eva Nokwe
Da frage ich mich wo die "langjährige Erfahrung eines Fondsmanagementteams" mich noch hinführt!?
Für tiefergehende Analysen reicht jedoch diese Momentaufnahme nicht aus. Es sind viele weitere Informationen nötig. Beispielsweise die konkreteZusammensetzung Ihres Depots, die Kaufzeitpunkte und welche finanziellen Pläne Sie verfolgen. Im nächsten Schritt spielen für die endgültige Handlungsentscheidung die offiziellen Prognosen der Experten und die eigenen Erfahrungen und Annahmen eine wichtige Rolle. Eine einfache Lösung können wir Ihnen daher nicht anbieten.
Wir verstehen natürlich den Wunsch nach konkreten Handlungsempfehlungen, insbesondere in unruhigen Zeiten. Als Fondsanlagegesellschaft ist uns das rechtlich jedoch nicht gestattet. Das Beratungsgespräch bei Ihrer genossenschaftlichen Bank vor Ort ist deshalb unsere erste Empfehlung, um die richtige Reaktion und Anlagelösung zu ermitteln.
Einschätzungen zu den Kapitalmärkten hingegen können wir gern andieser Stelle für Sie geben.
Bislang war im Jahr 2022 die Entwicklung in nahezu allen Anlageklassen negativ. Ein wesentlicher Grund dafür war die Inflation und die Sorge, dass die hohe Teuerung über eine sehr straffe Geldpolitik in eine Rezession münden könnte. Diese Befürchtung ist nicht unbegründet und entsprechend schwierig bleibt der kurzfristige Ausblick für die Kapitalmärkte.
Gleichzeitig rechnen wir aber mittelfristig mit einem allmählichen Absinken der Inflation und damit auch wieder mit verbesserten Perspektiven. Vor diesem Hintergrund spricht unserer Auffassung nach weiter viel für die langfristige Wertpapieranlage. Denn: Tages-oder Festgeldkonten sind gerade in der aktuellen Lage für einen realen Vermögenserhalt, also den Schutz der Kaufkraft nach Inflationsabzug, unserer Einschätzung nach nicht besonders gut geeignet – besonders auf einen längeren Anlagehorizont hin. Andererseits bietet die aktuell noch schwierige Situation am Kapitalmarkt auch Chancen für langfristig orientierte Anleger: Die Bewertungen an den Aktienbörsen sind deutlich gesunken und an den Zinsmärkten können wieder höhere Renditen vereinnahmt werden. Ratierliche Sparanlagen können in dieser Situationbesonders geeignet sein, denn sie glätten das Einstiegsrisiko.
Es freut mich, wenn Ihnen die Einschätzungen weiterhelfen. Viele Grüße, Eva Nokwe
Die Auswahl der geeigneten Anlageform ist von vielen Aspekten, wie zum Beispiel Iherer Risikobereitschaft, der vorgesehenen Laufzeit aber auch der individuellen Vermögensstruktur abhängig. Im Rahmen einer individuellen Beratung können alle diese Aspekte bewertet und aktuelle Kapitalmarktprognosen von Experten und die passende Anlageform herausgearbeitet werden. Wir empfehlen Ihnen deshalb ein Beratungsgespräch mit Ihrem Berater/Ihrer Beraterin Ihrer Bank der genossenschaftlichen Finanzgruppe.
Unsere aktuelle Einschätzungen zu den Kapitalmärkten finden Sie übrigens unter dem Beitrag von Herrn Nolte. Sie kann helfen, die für Sie richtige Entscheidung zu treffen. Natürlich steht Ihnen zusätzlich auch unser Kundenservice unter der Rufnummer 069 58 998 6000 für weitergehende Fragen dazu sehr gern zur Verfügung. Beste Grüße, Eva Nokwe
Im Hinblick auf einzelne Aktien bitten wir Sie um Verständnis, dass wir keine Empfehlungen aussprechen können. Hier sind regulatorische Hintergründe maßgeblich. Aber auch hier hilft Ihnen Ihre Bank gern weiter.
Einen Vergleich von ETF's und aktiv gemanagten Fonds haben wir im Mai 2021 als eigenen Blogbeitrag veröffentlicht. Hier der direkte Link: "https://www.blog.union-investment.de/startseite-blog/finanzwissen/was-sind-etfs.html ".
Viele Grüße aus Frankfurt Thomas Müller
Soll ich weiter abwarten oder Fonds umschichten oder sogar die monatliche Sparrate aussetzen?
Viele Grüße
G Bonda
Unsere aktuelle Einschätzungen zu den Kapitalmärkten finden Sie übrigens unter dem Beitrag von Herrn Nolte weiter oben. Sie kann Ihnen helfen, sich ein wenig besser zu orientieren. Natürlich steht Ihnen zusätzlich auch unser Kundenservice unter der Rufnummer 069 58 998 6000 für weitergehende Fragen dazu sehr gern zur Verfügung. Herzliche Grüße aus Frankfurt, Eva Nokwe
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